Vortrag: "Barmherzigkeit - hat sie Grenzen? - Was die Bibel von uns fordert"
Gerechtigkeit ist, wenn jeder „das Seine bekommt“, das ihm zusteht und „das Seine gibt“, was er aufgrund seiner Möglichleiten geben kann. Barmherzigkeit versteht ein Bekommen, ein Verzeiht-bekommen und ein uneigennütziges Geben und Verzeihen, das weit über das hinausgeht, was gerecht ist, was also weit mehr ist und in diesem Ausmaß gar nicht verdient wurde. Gerechtigkeit und Barmherzigkeit scheinen einander zu widersprechen. Barmherzigkeit läuft Gefahr, am Rande der Dummheit angesiedelt zu werden und schamlos ausgenutzt zu werden.
Anhand von Bibelstellen zeigte der Referent auf, dass das Erfahren von Barmherzigkeit und Vergebung echte Reue und den ehrlichen Willen zur Umkehr voraussetzt. Wer Fehler bereut, dem wird verziehen. Wem Gott und seine Barmherzigkeit gleichgültig sind, oder wer bewusst die Barmherzigkeit anderer ausnützt oder sich für ein Leben im Bösen entscheidet und diesen Weg gar nicht erst verlassen will, darf nach Aussage der Bibel keine Vergebung und Erlösung erwarten. Er hat dann den Anspruch auf Barmherzigkeit verwirkt.
Andererseits sind wir alle selbst zur Barmherzigkeit aufgerufen. Wir sollen uneigennützig geben, wenn jemand sich selbst nicht helfen kann und verzeihen bzw. auf jemanden zugehen und ihn zur Umkehr einladen, wenn er sich gegen uns verfehlt hat. Uns steht es nicht zu, zu richten. Wenn wir über Gerechtigkeit hinaus barmherzig reagieren, können wir den einen oder anderen vom Guten überzeugen und auf den rechten Weg der Umkehr zurückholen. Er wird, wenn er es eingesehen hat, das Böse nicht mehr tun. Dann hat das Gute durch Barmherzigkeit das Böse besiegt.
Gott bietet uns fortwährend seine Barmherzigkeit und Vergebung an. Gott will nicht unsere Verurteilung, sondern unser Heil. Wie aus der Bibel hervorgeht, werden jedoch echte Reue und Umkehr vorausgesetzt. Es liegt an uns, das Angebot Gottes anzunehmen. Uns dafür oder dagegen zu entscheiden, dazu haben wir die Freiheit. Im Heiligen Jahr der Barmherzigkeit lädt uns Papst Franziskus ein, mit allem, was uns drückt, zum Herrgott zu kommen.